In Gesellschaft

Mit Strafe meinte ich eigentlich die harte Einheit nach den zwei lockeren Dauerlauftagen. Oder die harte Einheit nach dieser harten Einheit. Oder die harte Einheit nach dieser und den zwei anderen harten Einheiten. Also kurz gesprochen hartes Training nach hartem Training mit zwischengeschobenem Erholungstraining. Das, was einen Plan zum Plan macht, was die Leistung verbessert und verhindert, dass es irgendwann nicht mehr wehtut. Gutes Training tut nicht weh, sagen manche. Übersetzt heißt das: gutes Training ermöglicht trotz Schmerzen eine Leistungssteigerung. Also kurz vorm Übertraining aufhören. Denn Übertraining ist sehr böse. Sehr sehr böse. Man hat Schmerzen beim Training, ist ständig erschöpft, gequält, schlecht gelaunt und hat eigentlich gar keine Lust mehr. Und zum Dank wird man auch noch schlechter. Also ein circulus vitiosus. Übersetzt heißt das wiederum, man verwandelt sich in den Schweinehund. Dann sind es also Zwei gegen keinen mehr.

Doch zurück zur Strafe. Mein Stadion war zwar offen, doch in etwa so bewacht wie die JVA Moabit, Europas größter Strafgerichtshof mit Untersuchungsgefängnis in einem. Und da muss ich mich schon fragen, was ich verbrochen habe. Okay, zwei Tage habe ich die Beine gelockert mit jeweils 14 Kilometern in ruhigem Tempo. Aber ich habe doch extra eine Endbeschleunigung zusätzlich eingebaut. Am Sonntag. Beim langen Lauf. Nach nur 32 Kilometern. Extra, in Antizipation der drohenden Machtübernahme des Schweinehundes. Zwei Tage ruhiger Dauerlauf münden trotzdem in ein Straflager.

„Justiz“ steht bedrohlich auf der Uniform des kräftigen Vorarbeiters. Doch „Justiz“ steht nicht nur dort. „Justiz“ steht auch auf den Sportuniformen der etwa 30 jungen und sportwilligen Menschen. So schlimm also. Das Stadion ist mein Gefängnis. Was für eine herrliche Metapher. Ich spreche meine Wächter an und frage, ob ich nach Erfüllung meiner Pflicht wieder raus darf. „Klar, wir nehmen aber die Zeit!“ Und davon hängt dann ab, ob ich in Freiheit entlassen werde.

Zehn mal 1000 Meter in 3:28 mit je drei Minuten Trabpause dazwischen. Erstaunlich, wie gut die Drohkulisse wirkt. Ich habe gar keine Gelegenheit, mir zu überlegen, ob das vielleicht ein bisschen anstrengend ist oder ob ich vielleicht lieber Kaffee trinken gehen möchte. Ich laufe einfach. Nicht ganz freiwillig, aber ich laufe. Und erfülle den Plan und werde in Freiheit entlassen. Danke, liebe Justiz.

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