Klimax. Crescendo. Aua.
Hier muss ich mal dem großen Guru Herbert Steffny, den ich zutiefst verehre, etwas Latein-Nachhilfe geben. Crecendo-Lauf nennt er lange Läufe, die gegen Ende hin immer schneller werden. Nun weiß man doch, dass crescere eher wachsen heißt. Natürlich kann man wohlwollend erkennen, das crescere auch zunehmen (bloß nicht!), immer größer werden (gern!), sich mehren (bloß nicht!), steigen (wenn’s sein muss!), sich steigern (gern!) heißt. Doch warum um alles in der Welt bedient man sich nicht des Wortes „schneller werden“? Es gibt ein Fremdwort genau dafür. Auch als Musiker weiß man das. Und die sind sogar oft unsportlich. Accelere ergibt als Partizip Präsens Aktiv accelerans oder halt musikalisch italienisch: Accelerando. Es sind also Accelerando-Läufe, Herr Steffny, mein verehrter Lauf-Gott. Schon 1986 liefst du 2:11:17 beim Chicago-Marathon. Das ist unglaublich für einen Weißen zu der Zeit. Das ist richtig ernstzunehmende Weltspitze. Elite ohne Wenn und Aber. Sehr lange gab es keine Deutschen mehr, die überhaupt die 2:20 knacken konnten. Also. Es ist mir eine Ehre, dein Latein-Lehrer zu sein. Und das, obwohl mir mein nicht verehrter Lateinlehrer damals sicher zu Recht sagte, ich sei unfähig.
Accelerando. Schlechte Musiker wie ich beschleunigen immer dann, wenn es technisch anspruchslos ist oder paradoxerweise dann, wenn sie es auch im langsamen Tempo überhaupt nicht hinkriegen. Als Läufer muss man beschleunigen, wenn es am schwersten ist. Zumindest im Training. Um einen Reiz zu setzen. Um das Härteste des Harten zu trainieren. Um dann, wenn es nicht mehr geht, noch mehr geben zu können. Gegen den Willen sowieso, aber eigentlich auch gegen die Leistungsfähigkeit. Akku leer, Kohlenhydrate weg, Motivation zerstört. Alles aus. Vorbei. Aber nochmal richtig Gas geben.
27 Kilometer in der Hitze, mit nüchternem Magen, ohne zu trinken. Und dann 3 Kilometer im Wettkampftempo. Das ist der Deal. Alles schreit nach Aufhören. Hinlegen. Schlafen. Baden in kühlem Trinkwasser und nebenher eine Glucose-Infusion. Massage. Und vor allem: nicht mehr bewegen! In der Ruhe liegt die Kraft. Es geht eh nicht mehr.
Dass es doch noch geht soll hier bewiesen werden. Quod erat demonstrandum. Wie in Mahlers Auferstehungssinfonie. Über ein unglaublich langes bombastisch instrumentalisiertes Meisterstück hangelt man sich als Interpret oder Genießer, um am Schluss ein furioses Finale der Maximalitäten zu erfahren. Alle der gefühlt 438 Instrumente einschließlich Orgel auf allen Registern, Chor und was weiß ich noch alles donnern einem die Tränen in die Augen und ließen einen den Nachhall noch etwa 89 Sekunden genießen. Wäre da nicht der vorzeitige Klatscherguss.
Am Ende eher schneller. Dann wenn nix mehr geht, noch mehr geben. Das ist die Idee. Auferstehung. Darum geht es also. Lieber Herbert. Vielleicht hast du doch recht, wenn du es Crescendo nennst. Accelerando klingt hier wirklich zu banal. Schneller werden. Tss! Wir sollen den kleinen Tod trainieren. Das ist ja wohl das Mindeste!
[…] steht. Dazu kommt noch, dass das besonders weh tut, wenn man in der Endphase eines Laufs noch eine Endbeschleunigung einfügen muss. Und will es der Teufel, erwacht da der Wind kurz zum Leben. Eine Zuckung nur. Und […]
[…] mit 3 Minuten Pause dazwischen. Die Beine sind schwer von dem langen Sonntag und der verheerenden Endbeschleunigung. Das Training soll und muss hart sein, aber das? Mit Muskelkater in den […]
[…] ich die Beine gelockert mit jeweils 14 Kilometern in ruhigem Tempo. Aber ich habe doch extra eine Endbeschleunigung zusätzlich eingebaut. Am Sonntag. Beim langen Lauf. Nach nur 32 Kilometern. Extra, in Antizipation […]
[…] mit 3 Minuten Pause dazwischen. Die Beine sind schwer von dem langen Sonntag und der verheerenden Endbeschleunigung. Das Training soll und muss hart sein, aber das? Mit Muskelkater in den […]