Die Ruhe vor dem Sturm

Zwei Tage mit je 70 Minuten ruhigem Dauerlauf. Das ist wie Baden in 29 Grad warmem Wasser, Massiertwerden und Bekochtwerden zusammen. Urlaub. Entspannung. Laufen um des Spaßes willen. Aah. Ooh. Sommerfrische. Herrlich. Man könnte es so richtig genießen. So richtig. Wenn da nicht die menschliche Planung im Rahmen des Plans wäre. Das Schielen auf die darauf folgende Strafe macht das genussvolle Dösen zunichte.

Kann ich denn nicht einfach mal in den Tag hineinleben und schauen, was das Plänchen heute so mit mir vorhat? Aufwachen und entspannt oder gar gespannt das Türchen öffnen? Wie als kleiner Bub, der die Adventskalenderreihenfolge akribisch beachtet und jeden Tag aufs Neue ekstatische Freudenstürme erlebt? Das wäre was.

In erwachsener Zeit muss man sein Leben irgendwie koordinieren und dazu gehört ein Lebensplan. Mein Lebensplan besteht zur Zeit hauptsächlich aus dem Trainingsplan. Und da muss ich die Türchen schon ein paar Tage vorher öffnen. Zehn mal 1000 Meter in 3:30 ist hinter so einer Tür, 12 km im Marathontempo und 35 Kilometer LSD. Und noch einige andere Türchen erwarten mich, hinter denen der Mann mit dem Hammer steht. Der Mann, dem man lieber nur im Training begegnet.

Noch vier Wochen sind es bis zum Lauf der Läufe und die ganz harten Einheiten kommen jetzt. Da führt kein Weg dran vorbei. Toll. Ganz großes Kino. Aua im Sixpack. Gewitter, das zurück kommt mit doppelter Kraft. Hau drauf. Bis man Blut schmeckt. Warum tu ich mir das an? Da kräht doch kein Hahn danach. Der wurde nämlich vom Mann mit dem Hammer erschlagen.

Still ist’s in den letzten Wochen. Stille Nacht. Stiller Tag. Stiller Kampf. Allein. Nur erzählen kann man’s. Manche interessiert’s, viele schütteln den Kopf, die meisten interessiert es nicht. Ehrlich gesagt ist es auch nicht interessant. Außer für mich.

Schaffe ich es dieses Mal? Macht mir die Bequemlichkeit wieder einen Strich durch die Rechnung? Schlägt das Alter endlich richtig zu? Habe ich plötzlich keine Lust mehr und beende den Lauf bei Kilometer 23? Werde ich krank? Verletze ich mich? Übertrainiere ich? Bin ich zu früh topfit und baue wieder ab?

Ich bin gespannt, was hinter dem Türchen am 27. September wartet.

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